Sinnmaschinen

Gestern Abend, 25.01.2018, hat die Gemeinschaft der Arbeitspsychologen in Innsbruck mit Dr. Wolfgang Weber einen Vortrag von Dr. Rüdiger von der Weth veranstaltet: "Sinnmaschinen - Menschliche Arbeit in digitalisierten soziotechnischen Systemen". Dr. von der Weth hat eine Professur für Betriebswirtschaftslehre / Personalwirtschaft und Arbeitswissenschaften an der HTW Dresden. Er ist in der Arbeitsgruppe "Human Factors & Ressourcen" tätig, die sich mit der "ändernden Rolle des Menschen im Arbeitsleben" beschäftigt, v.a. im digitalen Wandel. Dr. von der Weth hat von seiner aktuellen Forschung berichtet.

Zur Erklärung, was Arbeit im soziotechnischen System ist, vergleicht er sie mit einem Familienhaushalt: Die Familie als menschliche Agenten und technische Werkzeuge, wie z.B. die Waschmaschine, das Auto etc., die als smarte Geräte schon untereinander vernetzt sind. Damit können nicht nur Menschen, sondern auch Maschinen intelligente Systeme sein. Als beispielhaft gilt eine kleine Geschichte von Stanislaw Lem. Bereits realisiert sind soziotechnische Systeme 4.0 als dezentral-intelligente Fabrik (Kooperation der Technik ohne zentrale Steuerung), als dezentral-intelligente Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen oder als dezentral-intelligenter Stadtteil. Man muss beachten, dass der Mensch als Teil dieses Systems Autonomie einbüßt. Ziel ihrer Forschung ist die proaktive Gestaltung der dynamischeren technologischen Entwicklungen und einen Beitrag zur prospektiven Gestaltung oder prospektive Arbeitsanalyse durch arbeitspsychologische Erkenntnisse und Vorbereitung (auf die Zukunft) durch Simulationen; z.B. das aktuelle Planspiel "Arbeit 4.0" und die "digitale Lernfabrik".

Die agentenbasierte Simulation ist hierbei ein Werkzeug zur Abbildung komplexer Systeme, stellen eine machbare, vereinfachte, aber explizite Mikrowelt dar, z.B. in einem Unternehmen unter bestimmten Annahmen, die auf Richtigkeit und Qualität überprüft werden können. Eine theoretische Basisannahme ist z.B. dass Arbeit stark funktionalisiert ist - alles ist kulturell überfordert - dadurch hat die Arbeitsumwelt Affordanzen.


Es gibt einen Trend zur Externalisierung von Planung, (a) durch die Möglichkeiten, Wissen zu externalisieren und (b) das externalisierte Wissen verändert sich selbstständig. Beispiel: "Pick by Voice" in Amazon-Lagern: über Kopfhörer werden dem Lagerarbeiter Anweisungen vermittelt. Dadurch wird das Denken von der Technik übernommen. Die funktionale Gebundenheit und eingeübte Routine verhindern Innovation, in der die eigentliche Funktion des Gegenstands "überwunden" wird.

Die Realisierung von soziotechnischen Systemen funktioniert erst durch das Zusammenwirken technischer und menschlicher Akteure. Ein soziotechnisches System ist "gut" wenn es sich verstärkt und gut, wenn es (materiell positive) Veränderung bringt. Menschen engagieren sich dafür, wenn das System ein Kohärenzgefühl bewirkt. Dadurch ergibt sich ein Sinn > "Sinnmaschinen". Sinnmaschinen können durch eigenständige Aktivität, Verhaltensmodulation durch Emotionen und bei Dissonanzen das Ausführen von Selbstreflexion innovativ sein.

Zum Vorgehen in ihrer Forschung wird u.a. ein Simulationsbaukasten mit Funktionsbeschreibungen und den korrespondieren materiellen Phänomenen verwendet. Die Gleichung zur Sinnmaschine bzw. zur Erkenntnis und Erforschung (Simulation) ist die Funktionsweise eines Interaktionssystems + besondere Rolle des Menschen + bekannte residuale Prozesse + unbekannte residuale Prozesse, letztere sind nur teilweise simulierbar. In den Simulationssysteme gibt es Agenten, Objekte und Prozesse. Für ein spezifisches Simulationsmodell (Plug and Learn) hat das Forscherteam mittels qualitativer Forschung ein Netzwerkmodell erstellt, nach der Frage, was zur Interaktion anreizt. Dann soll eine Gleichung herauskommen, wann ein Netzwerk funktioniert und wann nicht.

Abschließend gab es noch - mehr oder weniger themenbezogen - eine Diskussion unter dem vertrauten Kreis an Zuhörern.

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