The Killing Fields



Am 11.01.2018  und 18.01.2018 fanden Teil 2 und Teil 3 einer Filmreihe in der Universität Innsbruck statt. Die vier Veranstalter, das Seminar "Soziopsychologie der menschlichen Destruktivität" unter der Leitung von Herr Prof. Wolfgang Weber, die Institutsgruppe Psychologie, der Verein kritische Psychologie Innsbruck und die Kritische Uni Innsbruck zeigte bereits im Dezember "Das radikale Böse".

 

Referat: Genozid in Kambodscha 1975 bis 1979 und kulturelle Faktoren. Frau DOLZER und Herr RAMCKE eröffneten die Veranstaltung. Die hauptsächliche Literatur ist von Alexander HINTON, "Why did you kill?" (1998): Kultur alleine bringt keinen Genozid hervor. Die Roten Khmer wollten ein maoistisches Bauerntum aufbauen ("Steinzeitkommunismus"). Dafür nutzten sie u.a. zwei kulturelle Modelle: "Gentle Ethics" und "Violent Ethics". Die "Violent Ethics" ist von politischer Gewalt, Skrupellosigkeit, dem "Cambodian machismo" und "Disporportional revenge" gezeichnet.

Es gibt eine neue Hierarchie, die vermeintlich alle Hierarchie auslöscht (Mann - Frau, Reich - Arm), v.a. durch einheitliche Kleidung und Haarschnitte. Allerdings ersetzt "Die Partei" bzw. der Parteiapparat die Führung und auch eine religiöse Funktion. Angemessenes Handeln und die Bestrafung hängt vom Status ab.Die neue Ordnung besteht aus

1. Angkar (die Partei)
2. Rote Khmer (Kader der Exekutive)
3. "Old People" (arme Landbevölkerung)
4. "New People" (Städter, Gebildete, Reiche..."Burgoisie")

Noch wichtiger wie vorher ist die Gesichtswahrung ("Ich bin der Partei treu" "Die Partei denkt für mich"), da selbst die eigenen Kinder Spione sein konnten, und meist auch waren. Durch Gehirnwäsche wurden die Kinder zu parteitreuen Spionen herangezogen hatten, die keine Skrupel hatten, die Familie zu verraten.

Ehre war nach wie vor ein wichtiges Konzept der kambodschanischen Kultur. Es gab auch "Honor Competition", d.h. jemand wurde herausgefordert, und konnte er die Herausforderung nicht erfüllen, verlor er Ehre. Die Statusabwertung ist aber eine heftige Beleidigung und muss gerächt werden. Das ist die "disproportional revenge": Die Rache musste bestenfalls den Konkurrenten vernichten, damit es nicht zu einem Rachekreislauf kommt und man dann selbst den Kürzeren gezogen hat; z.T. auch seine Familie und Freunde. Mit solchen Geschichten als Märchen wachsen die Kinder in Kambodscha auf, was zu einer gewissen Desensibilisierung führt.
Als größeres Bild besteht die Hypothese, dass die Roten Khmer im Namen der unterdrückten, ärmeren Landbevölkerung Rache geübt haben - "disproportional revenge".

Für einen Genozid braucht es "Detachement", Dehumanisierung (des Feindbildes, in diesem Fall die "new people"), Folter, Desensibilisierung und blinder Gehorsam. 

Kambodscha war erst ab 1953 unabhängig (davor: Indochinesische Union), während des Vietnamkrieges war Kambodscha anfangs neutral, wurde dann aber von den USA als Rückzugsgebiet des Vietkong bombardiert und die kommunistischen Roten Khmer konnten sich nach der Beseitigung des aktuellen Regenten (der über die USA im Krieg mit Nordvietnam und dem Vietkong stand), ausbreiten. Von 1970 bis 1975 fand ein Bürgerkrieg mit über 600.000 Toten in Kambodscha statt, er wurde von den Roten Khmer gewonnen, die daraufhin in die Hauptstadt einmarschierten und einen Genozid begonnen haben. Das Durchschnittsalter der Soldaten lag bei 13 Jahren. In der ersten Säuberungswelle wurden v.a. Buddhisten, Reiche (Städter), Gebildete und Politiker getötet: ca. 100.000 bis 200.000 Menschen. Die Mittel der Wahl waren "Evakuierungsmärsche", die zu Todesmärschen wurden, Erschießung und nachdem diese zu teuer wurden, Erschlagen und ähnliche Mittel. Viele Menschen starben auch durch die unzureichenden Lebensumstände.
Insgesamt wird von 750.000 bis 2.000.000 Toten gesprochen (Gesamtbevölkerung ca. 8.000.000 Menschen).

 

Film: "The Killing Fields - Schreiendes Land". Dieser Film basiert, wie schon "Hotel Ruanda" auf wahren Gegebenheiten. Grundlage ist das Buch "Death and Life of Dith Pran" von Sidney SCHANBERG.

Die Handlung dreht sich um die eng befreundeten Journalisten, den Amerikaner Sydney SCHANBERG und den Kambodschaner Dith PRAN. Zu Beginn berichten sie aus Phnom Penh über den Bürgerkrieg in Kambodscha, sie halten sich dort mit einigen Kollegen auf. Schanberg scheint eine kritische Einstellung gegenüber der Regierung seines Landes zu haben, er recherchiert genau die Umstände einer amerikanischen Bombe (Bomben?), die über Kambodscha abgeworfen worden sind (ein Fehler in den Koordinaten). Sie kommen wieder aus der zerstörten Gegend zurück und erleben, wie die Roten Khmer (Khmer Rouge) auf Panzern einziehen, der Bürgerkrieg scheint beendet und besonders Pran freut sich, dass die Gewalt in seinem Land aufhört. Die Roten Khmer sind allerdings nicht friedlich, was sie bald zu spüren bekommen. Kurz bevor alle Journalisten dieses Teams erschossen werden, schafft es Pran, der als einziger Khmer spricht, sie davon abzuhalten und sie kommen wieder frei. Die amerikanische Botschaft zieht ab, die Journalisten finden aber Zuflucht in der französischen Botschaft, Prans Familie konnte mit den Amerikanern ausgeflogen werden. Dort werden alle Ausländer evakuiert, was heißt, dass Pran zurückgelassen wird. Das Journalistenteam besorgen einen alten britischen Pass, machen mit den rudimentärsten Mitteln ein Passfoto von ihrem Freund, allerdings verschwindet das Bild wieder vom Papier und so wird Pran wirklich zurückgelassen. Ein anderer Journalist wirft Sidney vor, dass Pran nur geblieben sei, weil Sidney es so gewollt habe.

In Amerika wird gezeigt, dass sich Sydney, wie versprochen, um Prans Familie kümmert. Seine Frau denkt, Pran sei tot.

Pran ist allerdings in einem Arbeitslager und schlägt sich durch, in dem er schweigt. Die Roten Khmer fordern die Arbeiter immer wieder dazu auf, sich dazuzubekennen, wenn sie gebildet seien, oder "Beichte" über ihr altes Leben als "Burgoise" abzulegen, die Partei würde das begrüßen, es sei das Jahr Null. Allerdings merkt er, dass diese Leute verschwinden und er bleibt still. Alle müssen hungern, dürfen nichts anpflanzen und die Kinder werden mit dem Gedankengut des Parteiapparats indoktriniert. Die Soldaten erwischen Pran dabei, wie er zu den Kühen geschlichen ist und fesseln ihn außerhalb des Lagers an einen Baum. Später kommen einige Soldaten zurück und er wird vom Baum befreit und flieht. Dort wandert er über (Reis-) Felder, die voll von Leichen sind und kommt in einem anderen Dorf an.

Zwischenzeitlich wird Sidney gezeigt, er entwickelt die Fotos von Pran ordentlich und sucht ihn, indem er alle Hilfsorganisationen in und um Kambodscha anschreibt und Fotos von Pran verschickt.

Pran erzählt in Gedanken Sidney immer wieder, was gerade geschieht. In dem neuen Dorf herrscht ein anderer Anführer, die einzelnen Führungsmitglieder der Roten Khmer sind untereinander zerstritten, intrigant und daher auch paranoid. Der Führer in diesem Dorf hält Pran als "Hausangestellten", er kümmert sich um seinen Sohn und dient dem Anführer. Dieser hat ihn im Visier, dass er Fremdsprachen beherrsche (und damit getötet werden müsste) und kann ihn schließlich überführen. Er merkt aber auch, dass Pran den Sohn des Anführers gut behandelt und will ihm den Sohn anvertrauen, sollte ihm etwas passieren. Das Dorf wird von amerikanischen Bombern angegriffen, danach wird der Anführer, der schon seine eigenen Leute hinrichten lässt, selbst getötet. Gemeinsam mit vier anderen Insassen kann er fliehen, dabei hilft ihnen die Notfallversorgung, die der Anführer seinem Sohn gegeben hat: eine Umgebungskarte (nebst Geld und einem Familienfoto).

In Amerika wird Sidney als Journalist des Jahres geehrt, für seine Tätigkeit zusammen mit Dith Pran in Kambodscha für die New York Times. Der Kollege aus Kambodscha macht ihm neuerlich Vorwürfe, dass er an Prans Schicksal schuld sei.

Die fünf ehemaligen Gefangen und der kleine Sohn des ehemaligen Anführers wandern lange durch verschiedene Gegenden durch das Land, mit der thailändischen Grenze als Ziel. Es funktioniert sehr gut, wenn Rote Khmer auftauchen, können sie sich verstecken. Nach einer Weile sind sie nur noch zu dritt, die anderen sind wahrscheinlich gestorben. Nun tritt der Mann neben Pran auf eine Tretmine. Pran warnt ihn, aber er nimmt den Fuß von der Mine und sie explodiert. Der Mann stirbt, der Junge, den er getragen hat, stirbt nach kurzer Zeit auch. Pran ist für eine Weile außer Gefecht gesetzt, kann dann aber weiterwandern. Nach einer Kletterpassage sieht er die angemalten Dächer des Roten Kreuzes kurz nach der thailändischen Grenze und schafft es dorthin.

Die Meldung, dass Pran dort ist, erreicht Sidney, der aus dem Häuschen ist und sofort nach Kambodscha fliegt. Pran verbindet in dieser Station des Roten Kreuzes gerade einen Mann, der sein Bein verloren hat, als ihm eine Schwester mitteilt, dass draußen ein Amerikaner auf ihn warte, er kommt raus und die Freude umarmen sich innig und freudig. Sidney fragt, ob er ihm verzeihe, woraufhin Pran antwortet, es gäbe nichts zu verzeihen. Mittlerweile ist es 1979 und die Herrschaft der Roten Khmer, die sich bis zu diesem Zeitpunkt schon im großen Stil gegenseitig töten haben lassen, wird bald beendet.

Um 21.50 Uhr ist der Film beendet, die Stimmung ist okay - man bedenke, dass im Gegenteil zu Hotel Ruanda der Film distanzierter aufgemacht wurde, mehr die Flucht als die Gewalt gezeigt wird und er mehr mit auditiven als visuellen Mitteln versucht, Emotionen zu übertragen. Ein typisches Beispiel ist die Preisverleihung: Eine schöne, große Halle und viele Leute in Anzug: sie applaudieren, gleichzeitig wird das Geräusch der US-Bomber über Kambodscha eingespielt. Sonst wird in den Gefahrensituationen, bei Kämpfen und ähnlichem noch mehr Chaos durch entfremdende, warndende und laute Musik erzeugt.

 

Aufarbeitung des kambodschanischen Genozids. Kambodscha war vom Vietnam besetzt und die UNO erkannte den Genozid an den "new people" nicht an, es gab bis 1996 Auseinandersetzungen mit den Roten Khmer. Erst sehr spät (2005 / 2009) gab es ein Tribunal und Prozesse zur Verurteilung der Gewalt in Kambodscha - was alles sehr viel zu spät kam, viele Täter und Zeugen waren schon tot, und die juristische Aufarbeitung war nur sehr selektiv, ausgerichtet an den Außen- und Innenpolitischen Interessen der Weltmächte (v.a. USA und China). Der Film hat zur Aufklärung in den westlichen Ländern beigetragen. Was z.B. aus den Kindersoldaten geworden ist, weiß man kaum.

Anschließend wurde die Veranstaltung mit einer Diskussion in der Selles-Bar beendet.

Teil 2: Hotel Ruanda

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