Faust

Gestern Abend, am 16.11.2017 (19.30h) spielte das Tiroler Landestheater Goethes Faust unter der Regie von Johannes Reitmeier.

Es beginnt mit der Diskussion zwischen dem Herrn (Jan Schreiber) und Mephistopholes (Christoph Schlag), die beide recht hoch sitzen. Faust (Andreas Wobig), in Jogginghose, wacht auf seiner Couch auf, wird vom Famulus (Kristoffer Nowak) gestört, beschwört die Geister und bevor er das Gift trinkt, wetten Mephisto und der Herr.
Mephisto hat seinen Auftritt als Pudel, packtiert mit Faust, verscheucht den neuen Schüler (Matthias Tuzar) und sie ziehen los - zum Würstelstand. Faust gefällts nicht recht und es geht weiter in die schrille Hexenküche. Mephisto und Faust tauschen die Körper, Faust sieht Margerethe (Ronja Forcher) und wird toll. Das erste Schmuckkästchen wird versteckt, es wird vom Pfarrer einkassiert, das zweite wird versteckt und Mephisto nähert sich auch der Freundin - der Frisöse Marthe (Antje Weiser) und es wird eine Gartenparty organisiert, wo sich Faust und Gretchen näher kommen. Auf ihrem Bett kommt es zur Gretchenfrage, danach kommt es zur Begegnung mit Lieschen (Ayla Antheunisse). Indessen kommt der Bruder heim - und stirbt, während die Nachbarschaft Gretchen als Hure und Mätze beschimpft. Sie flieht und kommt in die Pathologie eines Arztes, wo die Leichen von Bruder und Mutter sie verfolgen. Szenenwechsel - Walpurgisnacht, oder Après-Ski-Party, bunt, laut, schrill und sehr verführerisch.
Später findet Faust Gretchen als Prostitutierte, die ihn nicht mehr annehmen will.

Während der erste Teil recht brav gehalten ist, kammerspielartig zu Beginn, nur mit der Hexe als ersten Hinweis auf die Steigerung nach der Pause, kommt es im zweiten Teil zu wirren Verrücktheiten. Besonders der psychische Zustand Gretchens, die nach und nach verzweifelt und, man darf es sagen, verrückt wird, ist schrecklich, ihr Wahn und ihre Verfolgung. Das passt ganz gut zur umrahmten Walpurgisnacht, deren einzig vernünftige Bezeichnung ist "krass". Komplimente an die Kostüme! (Anke Drewes) Die Vorlage wurde um einige Szenen gekürzt, was für eine halbwegs akzeptable Spielzeit auch notwendig ist, aber die Kürzungen sind sinnvoll gehalten.
Sollte dem Zuseher das Stück nur noch mäßig in Erinnerung sein, hat das Kostüm einen schicken kleinen Hilfsgriff bereit: Mephisto ist stets in Violett gehalten, Faust in Grün, egal wer welche Rolle spielt, stets auch im selben Outfit, nur eben mit korrespondierenden Farben.
Die Schauspieler haben im Groß und Ganzen ihre Sache sehr gut gemacht. Besonders hervorheben möchte ich Andreas Wobig, der durchgängig eine wunderbare Rolle gezeigt hat. Der zweite Hauptdarsteller, Christoph Schlag war nicht minder gut, wenn auch in einer deutlich schwächeren Position (in der Rolle), ausgenommen die Pudelszene, die wundervoll erquicklich war. Mit Ronja Forcher kann ich mich nur schwer anfreunden, falls es eine etwas eigenwillige, besonders kitschige Interpretation der Rolle war, so spricht es für ihre Leistung. Falls das bis hierhin nicht erkenntlich war, das Konzept der Walpurgisnacht ist eine Wucht, im positiven Sinn.
Die Bühne (Helfried Lauckner) ist praktisch gehalten, mit vielen kleinen, fahrbahren Bühnenbildern, die je nach Bedarf von Mitarbeitern auf die Hauptbühne vor- und zurückgeschoben werden. Durchwegs ist ein "Love"-Schriftbild zu sehen, was ganz nett ist, aber auch nicht mehr. Zu Beginn und am Schluss sind kurz Videoeinspielungen zu sehen, das ist wohl so Mode.

Die Inszenierung präsentiert sich auf jeden Fall großartig und explosiv. Regie, Schauspiel und Kostüm verdienen hohes Lob, man darf stolz sein, ein Haus dieser Qualität in der Stadt zu haben.

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