Wie funktioniert ein Auslandsjahr?

Bei aller Liebe zur Universität, zur Bibliothek, zu Vorlesungen und Vorträgen, ein Psychologiestudium ist in erster Linie - realistisch gesehen - eine Berufsausbildung und der universitären Natur dieser Berufsausbildung fehlt die Praxis. Zwei Praktika bis zum Master of Science sind mEn zu wenig, wenn nach dem Studium ein Beruf wie dem des Therapeuten ergriffen wird. Das ist einer der Gründe, warum ich eine Pause zwischen Bachelor- und Masterstudium einlege und ein Auslandsjahr in Ungarn, Nähe Budapest machen werde.

Es gibt verschiedene Trägerorganisationen, die ein Auslandsjahr organisieren, z.B. die Diakonie oder der Auslandsdienst, aber eben auch die EU. Die EU finanziert das Projekt "European Voluntary Service" (kurz EVS), dafür verlangt es auch mehr Eigeninitiative. Der/Die Freiwillige ("Volunteer") sucht sich eine Sendeorganisation, die den ganzen Organisationskram von Österreich aus macht und eine Empfangsorganisation, bei der man im Ausland arbeiten kann, meist an einem konkreten "Projekt". In meinem Fall hat die Anmeldung beim "European Solidarity Corps" ("Solidaritätscorps") geholfen, das scheint eine Unterstruktur des EVS zu sein, ganz sicher bin ich mir da aber nicht: Man kann ein Profil erstellen, Wunschland und -Datum eingeben, CV etc. hochladen und falls Organisation auf der Suche nach Volunteers sind, kann auch die Organisation den Volunteer anschreiben. Die Suche nach einer Sendeorganisation ist meist leichter, da geht es "lediglich" um Organisationskram, der für einige Stellen z.T. Routinetätigkeit ist. Die Empfangsorganisation gestaltet sich wie normale Jobbewerbungen, also langwieriger, wird aber auch vom Zielland und Wunschzeitraum abhängen. In Ungarn, meinem Zielland, gibt es nicht besonders viele Projekte und die werden eher kurzfristig ausgeschrieben, auch für Jahresstellen erst ein, zwei Monate davor - es ist also auch was für spontane Entscheidungen (bei den meisten Trägern sollte man sich schon ein Jahr davor anmelden).

Ich bin jetzt an dem Punkt, an dem beide Organisationen gefunden sind, das InfoEck in Innsbruck "schickt" mich, Európa Ifjúsága Egyesület "empfängt" mich. Ich habe Ansprechpartner auf beiden Seiten, die beide nett sind. Die Prozesse auf ungarischer Seite laufen ein wenig langsamer ab, aber das ist für den Sozialbereich eh mehr oder minder üblich und Stress gibt's nicht. Ab September 2019 bin ich dann für ca. ein Jahr in Veszprém. Die Organisationen übernehmen die Bürokratie und melden sich bei mir, wenn sie etwas von mir brauchen oder wenn es neue Infos gibt. In Ungarn dann bekomme ich - eine Besonderheit des EVS - einen Sprachkurs (ich konnte zwischen Englisch und Ungarisch wählen), Kost und Logis, Taschengeld und eine sinnvolle Tätigkeit. Für die Stelle sind drei Volunteers angedacht, einer ist spontan abgesprungen, auch das gehört dazu - der Sozialbereich ist mitunter sehr wackelig, hängt nach Land auch von der aktuellen politischen Führung ab etc. und ich bin glücklich, dass bei mir alles fix steht.

Vorbereiten muss ich mich natürlich auch: Job und Wohnung rechtzeitig kündigen, den Übergang regeln, Pass aktualisieren, Sprache lernen, mich mit dem Land oder zumindest Budapest auseinandersetzen und später dann die Heimkehr wieder regeln. Weniger relevant, aber auch wichtig sind Überlegungen, wie ich meine Freizeit dort verbringen werde, wie ich Kontakt mit meinen Freunden halten kann und was ich mir vom Auslandsjahr erwarte.

*** Update Juni 2019: Der EVS wird wohl ganz vom ESC (= European Solidarity Corps) ersetzt werden ***

Hilfreiche Links:
Organisationsdatenbank EVS
Projektdatenbank EVS
European Solidarity Corps

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