Einige Gedanken zu Peru

Peru. Drei Wochen im trockenen, für europäische Verhältnisse warmen Winter von Peru. Eine schöne Reise, eine intensive Reise, ich konnte einiges der südamerikanischen bzw. peruanischen Kultur sehen. Wir waren fast am Ende der Welt, grad noch so mit Internetverbindung in den Städten, Toiletten mit schwachen Abflussrohren und Duschen mit mehr oder weniger Schimmel. Am Rand der westlichen Welt sozusagen. Der Indietourismus und andere Globalisierungsmechanismen bringen bekannte Bilder in das Land: Kleinelektronikverkauf, WLAN im Café, im Hotel und der andere Smartphoneschnickschnack.

Einfach in einen Zug steigen geht nicht (dafür aber einfach in einen Fernbus steigen). Einfach an der Straße eine Postkarte kaufen und aufgeben geht nicht (Postkarten sind echt fast nirgends, Postämter sind auch eher rar). Dafür geht es ganz gut, auch in einer kleinen Stadt noch um elf Uhr abends etwas Kleines zu essen holen. Oder ins Internetcafé zu gehen (und dort Dota 2 spielen). Man kann hier auch Meerschweinchen essen, wenn man denn sowas mag (die Küche ist sehr Fisch-, Fleisch und Zwiebellastig, Kartoffeln sind auch ganz groß im Rennen). Man kann hier auch auf recht offene, große geschlossene- oder Straßenmärkte gehen. Wenn man kein Problem damit hat, dass Die Kühlkette muss gewahrt werden nicht das Motto der hiesigen Fleischer ist und auch sonst Kopf, Fuß, Leber, alles recht offen präsentiert wird. Man will ja schließlich wissen was man kauft.

Also nicht ich, ich hab meistens weggesehen, weil ich das wirklich nicht zu sehen brauche. Meine Oma hätte gesagt, dass ich mich nicht so anstellen solle, aber was soll man als verzärtelter Mitteleuropäer mit einer Litanei an EU-Richtlinien denn machen? In Peru scheint wenig reguliert und es lässt sich gut darüber staunen, was alles normal sein kann. Bleibt klassischerweise die Frage ob das jetzt ein Nachteil oder ein Vorteil ist, aus Europäersicht sind Hygiene- und Lebensmittelstandards definitiv ein Fortschritt, aber … kein Aber. Es lässt sich trotzdem ganz gut leben, wenn man sich mal umgewöhnt hat, vor allem als Europäer mit genug Geld für Privatklinik, Importware und sowas. Peru ist ganz eigenartig, da sind Schrottkarren, die feste, schwarze Wolken auspuffen und anderes Zeug, das gefühlt in den 50gern neu oder aktuell war, und daneben Hochhäuser mit Glasfassade, überall dieses WLAN und (geschäftliche) Kommunikation über Whatsapp, überrollt von der Zeit sozusagen. Wer würde ernsthaft und informiert im Europa der 50ger leben wollen? Na, man kann eben ganz gut leben, wenn man sich mal umgewöhnt hat. Ist Peru jetzt rückständig? Zumindest in den Städten. Sind die Peruaner jetzt „zurückgeblieben“? Wie unanständig. Die Entwicklung, die Entwicklung des ganzen Kontinents, ist auf jeden Fall eine andere . Geographische und wirtschaftliche Voraussetzungen waren und sind andere, man bedenke die Felder und Wälder überall vs. Peru, dass halb Wüste ist und halb Regenwald ist, automatische Bewässerung meist nur in einer Jahreshälfte hat. Aber sind Peruaner jetzt zurückgeblieben? Weiß ich doch nicht, wahrscheinlich eher nicht. Drei Wochen ohne hinreichendes Spanisch bergen auch nicht besonders viel tiefgehende Konversation mit Einheimischen. Dass es vor den Spaniern keine Schrift gab und damit kaum Überlieferung macht die Geschichte abseits von Wirtschaft und sowas wenig abwechslungsreich. Aber es gibt viele Tongefäße und Metallkettchen.

Großartige Facetten des Landes: Die Farben. Wüste gibt es in Sand, Gelb, Weiß, Rot und Stein und allgemein in bunt, das Hochgebirge strahlt Gelb in Kontrast zu schwarzem Fels mit weißem Schnee bedeckt vor hellblauem Himmel mit hellgrau-weißen Wolken, der Hochlandregenwald in sattem, lebhaftem Grün und einzelnen knallbunten Blüten in Rot, Gelb, Orange, Violett, so viele Farben, so kräftige Farben. Auch im Textilbereich, der als Tourist besonders zugänglich ist (Textilien und Cocablätter, wichtig!). Prächtig und lebendig, diese Farben.

Apropos Farben: Dieses Land hat, wie viele amerikanische Länder eine Geschichte der Sklaverei und Unterdrückung durch Europa. Darunter gelitten haben Indigene und Afrikaner / Afroamerikaner, das in Chincha ein bisschen gezeigt wird. Kolonialgeschichte wird bei uns in der Schule ja kaum behandelt, es ist gut, etwas darüber zu erfahren. Ein anderes Kapitel der (afro-) amerikanischen Geschichte: Die inländische Volksmusik ist diese bekannte, bisschen schmalzige Panflötenmusik. Was unter Lateinamerikanische Musik bekannt ist, ist stark unter dem Einfluss von Afroamerikanern, oder ohne Afrikaner gäbe es keine lateinamerikanische Musik. 

Ob die Musik hauseigen ist oder nicht, feiern kann Peru auf jeden Fall. In den ersten Tagen fiel der Gedanke auf Zufälle, dass mindestens dreimal die Woche ein Fest oder eine Parade ist, aber das scheint eher ein Dauerzustand zu sein. In Cusco trugen kleine Prozessionen ihre Familienheiligen durch die Straßen, in Lima gab es - wohl Vorfeierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag - ein Auftritt aus dem Präsidentenpalast mit Militärkapelle, Zivilkapelle und einem offiziellen Kameramann mit Videokamera und Videodrohne, die die kleine Gemeinschaft an Jubelnden aufgefangen hat. In Puno tanzten und spielten eine Kapelle und ihre Mädchen am Hauptplatz (der in jeder Stadt etwa gleich aufgebaut ist und Plaza de Armas heißt), in Arequipa kam aus dem Nichts ein ewig langer Umzug der der politischen Wahlwerbung diente (ungefähr wie ein Faschingsumzug am Faschingsdienstag in Innsbruck, oder noch größer). Sowieso, im ganzen Land war Werbung für einzelne Parteien und Wahlwerber für die Regionalwahlen aufgestellt.

Gezahlt wird in Peru im peruanischen Sol, kosten tut das alles, selbst als Student, nichts. Wer trotzdem knausrig ist, darf sich nicht wundern, wenn dann alles chaotischer als normal angegangen wird. Zahlt man für die Unterkunft in etwa den Preis, den man hier für ein Mehrbettzimmer zahlt, bekommt man in Peru ein Privatzimmer der oberen Mittelklasse mit Pool. Eine gute Lasagne habe ich trotzdem nirgends bekommen, aber das sind Allüren. Die Verkäufer (Leute von einem anderen Berufsstand bekommt man als Tourist ja kaum zu sehen) waren meist gemütlich und freundlich. Feilschen gehört zum Kaufprozess dazu, wer aber in deutscher Manier Preise vergleicht wird böse angesehen. Trinkgeld ist nicht üblich und wird daher v.a. in kleineren Dörfern mit weniger Touris dankbar quittiert. Dankbar bin ich dafür den Peruanern dass Preis wie 9.99 genauso wenig üblich sind und damit das Kleingeld klein gehalten werden kann. Es ist trotzdem praktisch, ein paar Münzen bei Hand zu haben, weil kaum per Bankomat bezahlt wird und höhere Noten (die man eben vom Bankautomaten bekommt) an kleinen Ständen nicht gewechselt werden können. Ohne Spanisch geht sowieso gar nichts.

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